Johanna Markus (Nachlass), Pförtschach, Österreich

wörthersee kodak zug
Bild: Kurt Tauber

Manchmal kann man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Der Plecher Museumsleiter Kurt Tauber reiste im Juli 2019 für eine Woche nach Pförtschach an den Wörthersee in Österreich, wo er bei der Auflösung der Überreste dreier ehemaliger Kärntner Fotogeschäfte der Familie Winter half. Die wertvollsten Sachen wurden an eine Fotohändlerin verkauft, als Dankeschön durfte sich Tauber diverse exotische Exponate fürs Deutsche Kameramuseum aussuchen. Eine Win-Win-Situation.

"Souvenirs vom Wörthersee"

agfa ball orwo
Passend zum Wörthersee: Für den Strand: eine ORWO-Mütze gegen die Sonne und ein aufblasbarer AGFA-Ball zum Herumtoben.

Die letzte der drei Schwestern, die bis in die 1990er Jahre die renommierten Geschäfte betrieben, Johanna Markus, geborene Winter (1924-2019), hinterließ ihren Erben aus Dinslaken bei Düsseldorf im Dachgeschoß ihres Pörtschacher Hauses Hunderte von Kartons, in denen zig tausend Artikel aus den ehemaligen Läden schlummerten:

Messingobjektive neben Schlüsselanhängern, einige Zentner (!) von ungeöffneten, teils 40 Jahre alten Fotopapieren, Leicaflex-Kameras neben AGFA-Werbeartikeln, nicht abgeholte Hochzeitsbilder, viele Kilos mit Negativtaschen und Kleinbildfilmen aus vielen Jahrzehnten, Kameraschachteln, fabrikneue Polaroid-SX-70-Kameras, Hunderte, teils exotischer Filmpackungen, Geschäftsdokumente, Fotozeitschriften und -Bücher, Blitzbirnchen, Blitzbirnchen und Blitzbirnchen…

Das alles musste gesichtet, sortiert und teilweise aufbereitet werden. Die privaten, nicht abgeholten Fotos  wurden selbstverständlich vernichtet, die Kartons voller Drucksachen, Bedienungsanleitungen und Bücher sorgfältig durchgesehen, wobei man manch Schmankerl entdeckte. Etwa einen Aushang, dass Rabatte laut höchstem Gerichtsbeschluss von 1958 dem Fotohändler strengstens verboten waren.

Eine wahre Fundgrube für Photographica-Sammler. Das Deutsche Kameramuseum in Plech ist jetzt um einige tolle “Souvenirs vom Wörthersee” reicher, das Andenken an die Tanten wird in einem “Foto-Zimmer” im Haus in Pförtschach aufrecht erhalten und die Kosten für die Entsorgung der weniger interessanten Kisten sind durch den Verkauf der wertvolleren Fundstücke auch mehr als nur gedeckt.

Kuriositäten vom Dachboden in Pförtschach

Einige diese absoluten Raritäten fanden den Weg ins Deutsche Kameramuseum, andere wurden an Ort und Stelle an eine international tätige Photographica-Händlerin verkauft, um die Kosten für die Sichtung und Bewertung der Schätze und die Entsorgung der vielen Zentner unbrauchbar gewordener Relikte zu finanzieren. Eine unvergessliche Aktion.

wörthersee rabatt verbot
Auch in Österreich gab es früher eine Preisbindung und die "Photohändler" informierten in den 1960er Jahren so ihre Kunden, dass Preisnachlässe höchstrichterlich verboten waren.
wörthersee giftbezug
Für den Kauf und die Verwendung der gefährlichen Chemikalie Quecksilber-Sublimat musste 1927 diese "Giftbezugslizenz" erworben werden.
wörthersee kodak transparent
Auch so eine Rarität, nach der sich Kodak-Sammler die Finger ablecken würden.
wörthersee glasdiastreifen
Glasstreifen der Höhe von etwa 5 Zentimetern für die Laternae Magicae besaß das Deutsche Kameramuseum schon zuhauf, 2019 kamen aus Pförtschach solche Glasbilder dazu, die etwa 12 Zentimeter hoch und 30 Zentimeter breit sind.
wörthersee hypergon
Das Highlight der "Kärtner Dachbodenfunde": Das berühmte Goerz Hypergon 75 mm, ein Weitwinkelobjektiv für Plattenkameras, bei dem mittels einer rotierenden Vorsatzblende die Vignettierung am Bildrand ausgeglichen wurde.

Die Fotografenfamilie Winter in Kärnten

100 jahre foto winter 1000
Ein kurzer Abriss der Familiengeschichte wurde zum 100-jährigen Jubiläum der Firma etwa zur Jahrtausendwende veröffentlicht