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Die Sammlung Kurt Tauber


Foto-Sisyphus

Die etwas ausführliche Begründung, warum ich das tun muss, was ich tue...


Von Zeit zu Zeit, wenn der Rücken vor lauter Arbeit am PC schmerzt und draußen am Wochenende gar zu schönes Wetter ist,  wenn die Dame des Hauses mal wieder ohne viel Hoffnung auf Erfolg zum Spaziergehen drängt und wenn alle paar Tage mal ein stattlicher junger Mann, den du irgend woher kennst, dein Arbeitszimmer betritt und behauptet, er sei dein Sohn und brauche ein paar Euro Taschengeld, dann steht sie wieder mitten im Raum, diese Frage: "Warum machst du das eigentlich alles? Und für wen?"

 

Das muss reichen!

 

Als ich so 18, 19 Jahre alt war, da kam meine Mutter einmal in mein Zimmer, blieb vor meinem überquellenden Bücherschrank stehen, stemmte beide Fäuste in die Hüften und stellte fest: "So, jetzt muss es langsam reichen. Jetzt brauchst Du aber keine Bücher mehr".  Irgendwie fruchteten ihre Erziehungsanstrengungen bei mir aber scheinbar nicht.

 

Denn nicht nur meine Bücher haben sich rasant vermehrt, auch meine Kameras, Projektoren, Objektive,  Blitzgeräte, Stative und ähnliche Gerätschaften. Das ist toll, prima, klasse - aber wozu das Ganze?

 

Normal ist das jedenfalls nicht, wie mir meine Familie und "wohl meinende Kollegen" laufend ungefragt bestätigten. "Wenn Du mal gestorben bist, stellen Deine Kinder einen Container vors Haus und schmeißen all das rein, was Du so im Laufe der Jahrzehnte zusammen getragen hast!"

prophezeit mir eine nette Kollegin seit Jahren.

Kurt Tauber mit seiner damaligen Lieblingskamera

Canon A-1, etwa im Jahr 1980. Foto: Peter Ehler

 

Manchmal fürchtete ich selbst, dass sie Recht behalten könnten

 

Die Kameras auf meiner ganz persönlichen Suchliste hatte ich dank eBay schon längst alle beisammen. Warum also weiter machen? Warum Geräte zusammenraffen, fotografieren, identifizieren, katalogisieren, zu denen ich keinerlei persönliche Beziehungen hatte oder habe? Warum das, was andere wegwerfen wollen, in einem "Kameraaltenheim" horten? "Nichts als Staubfänger" wie die beste aller Ehefrauen zu sagen pflegte, um mich zu ärgern: "Tote Gegenstände", "Wohlstandsmüll". Wie Frauen halt so daherreden.

 

Vielleicht mache ich es, weil es trotz aller Anfeindungen und leicht unsensiblen Bemerkungen immer noch Spaß macht? Weil ich es schade finde, wenn eine alte, neuwertig aussehende und voll funktionsfähige Regula King im Mülleimer landet? Weil ich das Gewicht einer Voigtländer Vito B oder einer Nizo Heliomatic in der Hand mag, die Formen einer Canon T 90 bewundere, weil mir das Surren einer Eumig-Schmalfilm- Kamera gefällt? Weil ich die Raffinesse eines Zeiss-Diaprojektors bestaune, die ausgetüftelte robuste Mechanik eines Bolex-Filmprojektors, der nach 40 Jahren läuft und läuft und läuft wie ein VW-Käfer.

 

Die Spielzeuge der Männer

 

Vielleicht mache ich das alles auch, weil ich mir nach einer Art Midlife-Crisis (als Baujahr 1951 steht mir das ja durchaus zu) Kindheitsträume verwirkliche (wie übrigens bei meiner bescheidenen Modelleisenbahn, die wegen der Foto-Sammelleidenschaft leider viel zu kurz kommt)? Weil ich in den Sechzigern und Siebzigern alle halbe Jahr den neuen Foto-Quelle-Katalog mit all den schönen Fotoapparaten verschlungen habe, wohl wissend, dass ich mir nie so ein chromglänzendes Gerät würde leisten können? Was hätte ich schließlich damals mit einer Schmalfilmkamera angefangen, wo das spärliche Taschengeld nie für Filmkassetten gereicht hätte? Vom notwendigen Schneidegerät und dem erforderlichen Projektor ganz zu schweigen.

 

Heute gehört den wohlfeilen Filmkameras aus Metall meine geheime Liebe - nicht den teuren Leicas oder Nikons (die kosteten mir schon immer zu viel, auch während meiner "aktiven" Zeit). Und heute bekomme ich die Apparate geschenkt, an deren Kauf ich als Gymnasiast nicht mal zu denken wagte... Irgendwie toll - oder?


 

 Übrigens:  Der TEE VT 11 in Spur H0 (Bild), in dessen Katalogabbildung ich mich in den Sechziger Jahren unsterblich verliebte, ohne den Zug jemals in Wirklichkeit gesehen zu haben, fährt inzwischen auch auf der Anlage - wenn auch nur die preiswerte Wechselstromversion von Roco und nicht das teure High-Tech-Ding von Märklin. Manche Träume werden  eben doch wahr...


Okay, okay - das erklärt vielleicht das kindliche "Habenwollen", wie es meine Frau mir dauernd nachsagte. Aber warum dann gleich Geräte in solchen Massen? Warum nicht 20 erlesene Apparate in Bestzustand in der Vitrine statt 5.000 halbwegs schöner Kameras in Kartons?

 

Technik im Mülleimer

 

Weil ich nicht will, dass die anderen 4.980 Apparate bei uninteressierten Fotohändlern im Keller vergammeln oder von unkundigen Enkeln im Mülleimer entsorgt werden! Weil mir das in der Seele weh tut, wenn Exponate der Technikgeschichte mutwillig oder fahrlässig vernichtet werden. Weil ich es für einen Skandal halte, dass es das ehemalige Weltunternehmen Agfa in Zeiten des guten Geldverdienens nicht geschafft hatte, seine tolle Kamerasammlung dauerhaft der deutschen Öffentlichkeit zu erhalten und zugänglich zu machen. Weil ich es für eine sträfliche Missachtung der von ihnen einst umworbenen Kunden halte, wenn deutsche Traditionsunternehmen und japanische Weltfirmen keinerlei Geschichtsverständnis an den Tag legen und sich von ihren früheren Produkten nahezu distanzieren, indem sie keinerlei Service für "ältere" Kameras vermitteln, keine  Bedienungsanleitungen nachdrucken, keine Zubehörteile vorhalten. Wohlgemerkt:  Wir sprechen von den 80er Jahre des letzten Jahrhunderts, nicht des vorletzten!


 Als "Foto-Sisyphus", als selbst ernannter "Don Quichotte der Kamerahistorie", möchte ich

 da ganz unbescheiden, aber entschieden  gegensteuern, helfen wo es nur geht - so lange es

 geht. Auch mit Bedienungsanleitungen, an denen ich nichts verdiene, die aber, so meine ich,

 auch nicht kostenlos sein müssen. Denn sonst zahlt nur der drauf, der helfen will. 


Den Traum vom eigenen Kameramuseum träume ich schon lange. Zaghafte Versuche, ihn zu verwirklichen, gibt es auch schon seit 20 Jahren. Alle Träume scheiterten mehr oder weniger grandios schon im Ansatz und ich wollte schon aufgeben und die angesammelten Apparate, an denen mein Herz nicht hängt, wieder verhökern.

 

Mein Motivator

 

Dann begegnete ich Dr.  Gerhard Binder, Jahrgang 1956, Gründer und Chef des Photomuseums in Zeil am Main, Herr über Tausende  Exponate, der seit 1993 seine Schätze in der ehemaligen "Altenpflege- und Kinderbewahranstalt" ausstellt.

 

Und dieser Kollege, ausgestattet mit einer  ähnlich intensiven Sammelleidenschaft und ähnlichen Sammelbiografie, ermunterte mich, bei der Stange zu bleiben. Er tröstete mich, der ich ob meiner vergleichsweise bescheidenen Sammlung schon aufgeben wollte: "Das wird schon, wenn das Museum Konturen annimmt", sagte er, "das geht dann irgendwann wie von selbst. Die Leute bringen Dir die Sachen ins Haus! Schöne Sachen!" Er sollte recht behalten!

 

Inzwischen bin ich allen Unkenrufen und allen Widrigkeiten zum Trotz am Ziel meiner Träume angelangt: beim Deutschen Kameramuseum in Plech, einer 1300-Einwohner-Gemeinde zwischen Nürnberg und Bayreuth, direkt an der Autobahn A 9. Doch Sisyphus hat damit noch keine Ruhe. Aber jetzt ist es - bildlich gesprochen - nicht immer die gleiche Kugel, die er den Berg hinaufrollen muss. Einige - eine Menge - Kugeln sind schon oben deponiert und es werden täglich mehr. Eigentlich also keine Sisyphus-Arbeit mehr, denn ich muss nicht mehr neu anfangen bei der Suche nach einer Bleibe für meine Schätze. Ich bin am Ziel. Mehr darüber hier.

 

Die Drohungen mit dem Abfallcontainer haben mir übrigens keine Ruhe gelassen. Und so habe ich zum Sammeln und Bewahren der Exponate für das Deutsche Kameramuseum in Plech im November 2008 die Stiftung Kameramuseum Kurt Tauber gegründet. Jetzt hat der Container keine Chance mehr. Und der Bestand des Deutschen Kameramuseums wächst und gedeiht...


Kurzform meiner Beweggründe  -  Biografisches  -  Ja kann der Tauber auch fotografieren?


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